Die Vermögensverteilung in Deutschland verändert sich -und zwar immer schneller. Es ist nicht zuletzt die Finanzkrise, die Unterschiede zwischen Arm und Reich weiter verringert.
Doch was soll der Staat tun, wie soll er gegenlenken? Wie soll die Armut verringert werden? Soll er die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer verringern? Soll er die gerade erst eingeführten Abgeltungsteuer wieder abschaffen, soll er die Anrechnung eigenen Vermögens bei Hartz IV verringern?
Doch was zeigt der Blick auf die vergangenen Jahre?
Von 2002 bis 2007 hat das reichste Zehntels der Bevölkerung seinen Anteil am gesamten Nettovermögen der Bundesrepublik Deutschland von 57,9 %auf 61,1 % ausgebaut. Der Jahresdurchschnittswert des Dax ist um etwa 70 % gestiegen. Die Frage ist, ob es zwischen diesem Verlauf und dem Auseinanderdriften von Arm und Reich Zusammenhänge gibt. Ein Zusammenhang ist nicht von der Hand zu weisen, denn die Ungleichheit ist gerade beim Geldvermögen angestiegen, nicht hingegen beim Sachvermögen, etwa bei Grundstücken. Sollte dies tatsächlich so sein, dann würde das Plus der Reichen in den Jahren 2002 bis 2007 viel spekulatives Vermögen beinhalten.
Seit 2007 aber hat der Wert des Dax um die Hälfte abgenommen. Vile Gewinne waren nur scheinbare Gewinne. Die Zahl der Hartz-IV-Bezieher jedenfalls, die ihr Geld mit Aktien verloren haben, dürfte äußerst gering sein. Spekulationen bis 2007 haben also die Reichen reicher gemacht hat, und ab 2007 wieder ärmer. Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist wieder kleiner geworden.
Die Entwicklung in den Jaher 2002 bis 2007 kann deshalb nicht als Basis für Prognosen und Ursachenforschung genommen werden.
Der Blick auf die Arbeitnehmerentgelte verdeutlicht dies. Vom ersten Viertel des Jahres 2002 bis zum letzten Viertel des Jahres 2007 sind die Arbeitnehmerentgelte in Deutschland um 0,2 % pro Vierteljahr angestiegen, die Gewinne er Unternehmen und die Gewinne aus Vermögen hingegen um 4,3 %. Vom ersten bis zum dritten Vierteljahr 2008 sind die Arbeitnehmerentgelte um durchschnittlich 0,6 % pro Vierteljahr gestiegen, die Unternehmens- und Vermögenseinkommen aber um 0,1 % pro Vierteljahr gefallen. Seither hat sich der Rückgang der Unternehmens- und Vermögenseinkommen wahrscheinlich noch einmal beschleunigt.
Eine zentrale Rolle bei dieser Diskussion um die Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland der Armutsbegriff. Allgemein versteht man unter Armut eine absolut Armut. In den Armutsberichten etwa der Bundesregierung und in anderen statistischen Quellen wird Armut jedoch als Verhältnis gesehen. Danach ist arm, wer weniger als 60 %des mittleren Einkommens erzielt. Wenn also durch wirtschaftliches Wachstum alle Einkommen gleichermaßen ansteigen würden, würde die absolute Armut ohne Zweifel sinken, die relative Armut hingegen bliebe unverändert. Leistet also Wirtschaftswachstum überhaupt einen Beitrag zur Armutsbekämpfung?
Nach Überwindung der Finanzkrise werden die Einkommen- und Vermögen sich wieder mehr angleichen. Dahinter könnte eine Verschiebung in der funktionalen Verteilung von den Arbeits- zu den Kapitaleinkommen zu finden sein. Die Ursachen hierfür findet man evt. in veränderten globale Knappheitsverhältnissen.
Arbeitsreiche und gleichzeitig kapitalarm Länder wie China und Indien werden zunehmend in die Weltwirtschaft einbezogen. Die Folge: das Kapital ist weltweit knapper und besonders gering qualifizierte Arbeit ist weltweit vermehrt im Angebot. Einhergehend hiermit verschieben sich auch die Einkommensmöglichkeiten, die in den letzten Jahrzehnten die Arbeit als Einkommenselement begünstigt hatten, hin zum Element Kapital.
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