Die Einkommenskluft in Deutschland wird immer größer. Eine Untersuchung des DIW, des Deutschen Intituts für Wirtschaftsforschung, ergab, dass der Anteil der Niedrig- und Spitzenverdiener seit der Jahrtausendwende deutlich angestiegen ist. Die bürgerliche Mittelschicht ist in diesem gesellschaftlichen Wandel hingegen geschrumpft. Fast fünf Millionen Menschen sind aus ihr in die Unterschicht abgerutscht.
Nach der Untersuchung des DIW ist der Anteil der Bevölkerung, die über ein Einkommen in der Nähe des statistischen Mittels verfügt, in sieben Jahren von 62,3 auf 54,1 Prozent zusammen geschmolzen. Gleichzeitig ist der Anteil der Niedrigverdiener von 18,9 auf 25,4 Prozent gestiegen. Die Zahl der Spitzenverdiener stieg ebenfalls, wenn auch langsamer als die Zahl der Niedriglohnempfänger. Niedrigverdiener sind nach dem DIW die Menschen, die weniger als 70 Prozent des Durchschnitts verdienen. Wer mehr als 150 Prozent des Durchschnitts verdient, wird als Spitzenverdiener bezeichnet.
Es wurden zwei weitere Studien zu diesem Thema veröffentlicht. Auch diese schlußfolgern, dass die Zahl der Geringverdiener deutlich zugenommen hat. Nach Ansicht des Gelsenkirchener Forschungsinstituts Arbeit und Qualifikation „franst das Lohnspektrum in Deutschland zunehmend anch unten aus“. Hiernach beziehen 6,5 Millionen Arbeitnehmer Niedriglöhne. Die Gelsenkirchner Forscher verwenden die Niedriglohndefinition der OECD. Aus diesem Grund fallen 22 Prozent der Beschäftigten in Deutschland in diesen Bereich. Nach der OECD ist Geringverdiener, wer weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttolohns von 9,61 Euro bekommt. Die Studie ergibt des weiteren, dass die meisten Beschäftigten im Niedriglohnbereich nicht in eine besser Stellung aufsteigen können.
Der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge ist der wirtschaftliche Aufschwung der vergangen drei Jahre an den meisten Arbeitnehmern vorbeigegangen. Die realen Nettolöhne seien trotz des Aufschwungs um 3,5 Prozent gesunken. Allerdings sei die Wirtschaftsentwicklung all jenen zugute gekommen, die eine neue Arbeit gefunden hätten.