Hartz 4 und ALG 2 in Wahlkampf und Wirtschaftskrise

Die Wirtschaftskrise 2009 dringt mehr und mehr auf den Arbeitsmarkt vor. Immer mehr Menschen fürchten um ihren Job – und haben Angst vor Hartz 4. Eine betriebsbedingte Kündigung heute könnte schon im Jahr 2010 Hartz 4 bedeuten. Und Langzeitarbeitslose haben keine guten Aussichten in der Wirtschaftskrise eine neue Arbeitsstelle zu finden. Die derzeitigen Konjunkturprogramme der Bundesregierung haben kaum Auswirkungen auf die Job-Möglichkeiten der ALG 2 Empfänger und geht auch sonst an den Hartz-IV-lern vorbei: die Abwrackprämie steht ihnen nicht zu, das Kindergeld wird zwar erhöht, aber auf Hartz IV angerechnet. Im Klartext heißt das: 6,7 Millionen Menschen wurden bei der Abwrackprämie von Anfang an vor die Tür gestellt. Die Frage nach der Gerechtigkeit dieser Regel wird lauter, auch wenn sich nur wenige der ALG-2-Bezieher einen neuen PKW leisten können.

2009 ist das Jahr der Bundestagswahl und der Wahlkampf hat begonnen. Die Arbeitsmarktreform Hartz IV wird von fast allen politischen Parteien zum Thema gemacht.
Die Linkspartei will Hartz IV vollständig abschaffen. Aber durch was ersetzen?

Hartz IV hat Knackpunkte – das zeigt sich durch die Vielzahl der Klagen vor den Sozialgerichten. Man spricht von einer Klagewelle oder Klageflut im Zusammenhang mit Hartz IV. Das zeigt: es besteht Bedarf zur Verbesserung der Gesetze bzw. der vielen unbestimmten Rechtsbegriffe.

Was fällt unter den Begriff Einkommen? Das ist wichtig, denn eigenes Einkommen wird auf das ALG 2 angerechnet. Einkommen i.S.v. Hartz IV ist im Grunde jeder Zufluss von Geld, etwa das Kindergeld, das Bafög oder die in die Schlagzeilen geratene Abwrackprämie. Doch hier scheiden sich die Geister. Es gibt Stimmen, die die Abwrackprämie als zweckgebundene Leistung und daher nicht als anrechenbares Einkommen ansehen.
Die Partei der Grünen fordert in diesem Zusammenhang einen größeren Rahmen für einmalige Zahlungen, die nicht ein regelmäßiges Einkommen darstellen. Die Union stellte sich bisher jedoch einer Gesetzesänderung entgegen.

Kompliziert ist die Anrechnung von Arbeitseinkommen, das überhalb den Freibeträgen liegt, insbesondere bei ständig wechselnden Einkommen. Jeden einzelne Monat muss so hinsichtlich des Freibetrags neu geprüft werden. Und das kann dauern. So kann es zu hohen Rückzahlungsforderungen kommen.

Welches Vermögen ist anrechnungsfrei? Grundsätzlich sind je Lebensjahr 150 Euro als Schonvermögen anrechnungsfrei. Für den Bereich der Altersvorsorge kommen noch weitere 250 Euro hinzu.

Parteiübergreifend wird eine Ausdehnung des Schonvermögens gefordert. Etwa von vom NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), von den  SPD-Linken und den Grünen. Hintergrund ist die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge, die hinfällig wird, wenn der Großteil des angesparten Vermögens aufzubrauchen ist, ehe ALG 2 gezahlt wird.

Was geschieht mit den Ansprüchen der Hartz IV Kinder. Das Bundessozialgericht hat eine politische Regelung gefordert, der Bedarf der Kinder darf nicht mehr prozentual vom Erwachsenenbedarf abgeleitet werden. Kinder haben andere Bedürfnisse als Erwachsene.
Gerade Kinder alleinerziehender Eltern haben ein besonders hohes Risiko, in den Hartz IV Bezug zu geraten. Grund: es fehlen Betreuungsplätze für die Kinder.

Die Betreuung der ALG 2 Bezieher durch die Jobcenter ist unzureichend. „Fördern und Fordern“ lautete das Prinzip – eine zumutbare Arbeitsstelle muss angenommen werden, andernfalls drohen Saktionen.  Zumutbar sind u.U. auch schlechter entlohnte Arbeiten das Pendeln in einen Nachbarort.
Dafür sollten die Arbeitslosen stärker bei der Arbeitssuche unterstützt werden. Das ist aber in der Praxis nicht gegeben, weil ein Vermittler sich um zu viele Arbeitslose kümmern muss. Theoretisch sollte sich ein Arbeitsvermittler maximal um 150 Erwachsene oder 75 Arbeitslose unter 25 Jahren kümmern müssen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen in den nächsten beiden Jahren ehrere tausend Vermittler neu eingestellt werden. Im Jahr 2010 sei der Betreuungsschlüssel dann gegeben.

Die Möglichkeit zur Qualifizierung ist nicht ausgereift: „Qualifizieren statt entlassen“ ist das grundlegende Prinzip. Keine Kündigung, sondern  Kurzarbeit soll es sein. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) zahlt Qualifizierungsmaßnahmen für Kurzarbeiter nur, wenn diese nicht im Hartz IV Bezug stehen. Für Aufstocker, die neben ihrem Job ALG 2 beziehen müssen, sind die Jobcenter, die Arge, zuständig. Diese haben aber nicht genügend finanzielle Mittel für die Qualifizierungsmaßnahmen. Besonders die Gewerkschaften kritisieren, dass Langzeitarbeitslose zu häufig  in Ein-Euro-Jobs oder in kurzfristige Trainingsmaßnahmen vermittelt würden. Das laufe einer gründliche Qualifizierung entgegen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Politik entscheidet und wie Hartz IV verändert wird oder ob es gar abgeschafft wird. Solange die Hartz IV Gesetze jedoch stehen, wird die Zahl der Hartz IV Bezieher weiter ansteigen – das Ende der Wirtschaftskrise ist noch nicht absehbar.

1 Gedanke zu „Hartz 4 und ALG 2 in Wahlkampf und Wirtschaftskrise“

  1. Das was hier geschrieben wird ist ja alles bedauerlich. Aber ich habe einen Mieter in meinem Haus, der bezieht Hartz4, bekommt Miete, MNK, Strom und Heizung vom Sozialamt (JobCenter) bezahlt. Aber ich bekomme seit 3 Monaten keinen € bezahlt. In meinen Augen ist dies Betrug und Unterschlagung von Geld. Meiner Meinung nach müssten diese Zuschüsse an den Vermieter ausbezahlt werden. Der Mieter hat sich dafür ein neues Notebook und 2 Tabletts geleistet.

    Ist das richtig oder gerecht?

    U.K.

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