Tinnef. Der Vorwurf des Vorsatzes ist ja dadurch widerlegt, daß TE beim JC war. Da hätte man bei der Vorsprache im JC auch noch mal darauf hinweisen können, daß andere Leistungen ( in diesem Falle Teil ALG I) vorrangig zu beantragen sind.
Das enthält rein rechtlich betrachtet mehrere Grundlagenfehler:
1. Die persönliche Vorsprache bei der Agentur für Arbeit ist zwingende rechtliche Voraussetzung für einen Alg I-Antrag. Außerdem muss konkret die Versicherungsleistung Alg I beantragt werden und nicht einfach bei irgendeiner Sozialbehörde vorgesprochen werden.
Man kann also nicht Ersatzweise beim Jobcenter vorsprechen.
2. Hinweise des Jobcenters spielen hier keine Rolle.
Nach SGB III besteht die Meldepflicht für jeden Versicherungsnehmer - völlig unabhängig davon, ob die Betreffenden nun davon wissen oder geschlampt haben. Der Arbeitgeber hat zwar darauf hinzuweisen. Aber wenn es es nicht macht, ändert das nichts an den versicherungsrechtlichen Konsequenzen. Es gibt dann allenfalls die Frage, ob der Arbeitgeber vielleicht haftet - oder eben nicht.
3. Bei der Vorsprache beim Jobcenter gab es noch keine Kündigung.
Das bedeutet rechtslogisch: Selbst *wenn* die Jobcenter eine Hinweispflicht im Fall einer Kündigung hätten, wäre die nicht zum tragen gekommen. Das Jobcenter muss nicht ins Blaue hinein Belehrungen vornehmen, für die nach SGB III ausschließlich der Arbeitgeber zuständig ist.
4. Kausalität:
Wer im Kündigungsschreiben stehen hat, dass er zur Agentur muss, ist automatisch rechtlich in der Vorsatzsituation, wenn er nicht hingeht.
Ganz simpel: Das Arbeitsamt ist fürs Arbeitslosengeld I zuständig. Wer nicht sofort hinmarschiert, obwohl er dick und fett den Hinweis erhält, dass das wichtig ist, der hat praktisch automatisch dolus eventualis (Eventualvorsatz) hinsichtlich der finanziellen Konsequenzen. Denn er nimmt in Kauf, dass es dann "Probleme beim Arbeitslosengeld" geben könnte.
Wenn man in so einer Situation auch noch keinerlei Rücklagen hat, bedeutet das, dass "Erwerbsalternativen fehlen" und "Vermögensreserven fehlen". Das war auch schon vor dem 01.08.16 einer der wenigen Fälle, in denen § 34 SGB II nach der Sozialrechtsprechung ganz ohne vorherige Hinweise auf die Rechtsfolgen des § 34 SGB II eingreifen konnte.
Allerdings: Ich bezweifle, dass es im konkreten Fall relevant werden wird, falls es keine oder nur eine einwöchige Sperrzeit gibt und die Meldung zügig nachgeholt wird.
Das Fatale ist aber die Denke an sich. "Ich muss nicht mitdenken und mich selbst um meinen Kram kümmern - und wenn es schiefgeht, sind die Anderen sind schuld!" klappt im Leben nun mal nicht.