Menschen mit Behinderung bzw. Schwerbehinderung denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Hilfe zur Ausbildung erbracht werden, haben Anspruch auf Bürgergeld Mehrbedarf von 35 % ihres jeweiligen Regelsatzes.
Das Wichtigste zum Mehrbedarf bei Behinderung vorab zusammengefasst
Wer hat Anspruch auf Mehrbedarf bei Schwerbehinderung?
Einen Anspruch auf den Mehrbedarf bei Behinderung haben Bezieher von Bürgergeld, die mindestens 15 Jahre alt sind, nachweislich körperlich, geistig oder seelisch behindert sind, erwerbsfähig sind und an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilnehmen oder vor kurzem teilgenommen haben.
Wie hoch ist der Mehrbedarf bei Behinderung?
Der Mehrbedarf bei Schwerbehinderung im Rahmen des Bezugs von Bürgergeld beträft 35 Prozent vom Bürgergeld Regelsatz. Dieser Behindertenzuschlag wird zusätzlich zum Regelsatz gezahlt. Für Alleinstehende beträgt der Zuschlag 175,70 Euro, für volljährige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft 157,85 Euro und für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft 140,56 Euro. .
Wie Mehrbedarf Behinderung beantragen?
Der Mehrbedarf bei Schwerbehinderung muss beim zuständigen Jobcenter beantragt werden. Ausreichend ist ein formloser Antrag durch eine Mitteilung über die Behinderung. Als Nachweis reichen die Kopie des Schwerbehindertenausweises und eine Bescheinigung des Maßnahmenträgers über die Durchführung der entsprechenden Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben oder im Rahmen der Eingliederungshilfe.
Anspruch auf Mehrbedarf bei Behinderung
Erwerbsfähige behinderte Menschen oder von Behinderung bedrohte Menschenhaben haben gemäß § 21 Abs. 4 SGB II (Bürgergeld Gesetz) einen Anspruch auf Mehrbedarf bei Behinderung, also auf Geld zusätzlich zum Bürgergeld Regelsatz, wenn sie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes oder Eingliederungshilfen nach § 112 SBG IX erhalten oder kürzlich erhalten haben.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Mehrbedarf Behinderung
Der Anspruch auf Mehrbedarf bei Behinderung ist ein Anspruch im Rahmen des Bürgergeldes. Deshalb müssen die allgemeinen Voraussetzungen für den Bürgergeld-Anspruch gegeben sein. Das sind Erwerbsfähigkeit, ein Mindestalter von 15 Jahren und ein Höchstalter unterhalb des allgemeinen Renteneintrittalters.
Erwerbsfähigkeit
Erwerbsfähigkeit definiert das Bürgergeld-Gesetz in § 8 SGB II definiert: Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Da für den Anspruch auf Mehrbedarf bei Behinderung ja gerade eine Behinderung vorliegen muss, folgt aus § 8 SGB II, dass die Behinderung nicht derart gravierend sein darf, dass dadurch die Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen wird.
Vorübergehende Arbeitsunfähigkeiten sind unerheblich.
Vorliegen einer Behinderung
§ 2 Abs. 1 SGB IX liefert die Definition von Behinderung. Danach sind Menschen behindert, „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Sie sind von Behinderung bedroht, wenn eine derartige Beeinträchtigung zu erwarten ist.“
Das Vorliegen einer Behinderung bzw Schwerbehinderung muss dem Jobcenter nachgewiesen werden. Das gelingt durch die Vorlage des Schwerbehindertenausweises.
Teilnahme an Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben
Weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Mehrbedarf bei Behinderung ist, dass erwerbsfähige Leistungsbezieher mit Behinderung an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes oder an Eingliederungshilfen teilnehmen.
Eine solche Maßnahme ist etwa eine Weiterbildung oder sind Hilfen zur Schulbildung oder zur Ausbildung.
Kein Anspruch auf Behindertenzuschlag für Auszubildende
Anders als bei anderen Mehrbedarfen, etwa dem Mehrbedarf Schwangerschaft, haben Auszubildende, deren Ausbildung nach dem Bafög oder dem BAB dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf den Mehrbedarf bei Behinderung. Das folgt aus § 7 Abs. 5 SGB II (Bürgergeld-Gesetz); denn es handelt sich bei dem Behinderten-Mehrbedarf um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf.
Höhe des Mehrbedarfs Behinderung
Die Höhe des Mehrbedarfs bei Behinderung beträgt 35 Prozent des Regelsatzes, der dem Anspruchssteller zusteht. Eine alleinstehende Person, für die der Regelsatz ab dem 1. Januar 2023 502 Euro beträgt, hat demnach einen Anspruch auf Mehrbedarf Behinderung in Höhe von 175,70 Euro (35 Prozent von 502 Euro).
Tabelle Mehrbedarf bei Behinderung
Bürgergeld Regelsatz 2023 | Maßgeblicher Regelbedarf | 35 % Mehrbedarf Behinderung in Euro |
Regelbedarfsstufe 1: alleinstehende Volljährige | 502 Euro | 175,70 Euro |
Regelbedarfsstufe 2: volljähriger Partner in Bedarfsgemeinschaft | 451 Euro | 157,85 Euro |
Regelbedarfsstufe 3: volljährige Kinder unter 25 Jahren im Haushalt der Eltern | 402 Euro | 140,70 Euro |
Regelbedarfsstufe 4: Jugendliche von 15 bis 17 Jahren | 420 Euro | 147,00 Euro |
Mehrbedarf beantragen
Der Mehrbedarf bei Behinderung muss beantragt werden. Dabei ist allerdings kein förmlicher Antrag notwendig.
Dem Jobcenter müssen lediglich die Voraussetzungen des Anspruchs nachgewiesen werden, also die Behinderung und die Teilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme.
Diese Nachweise kann man durch Übersendung einer Kopie des Behindertenausweises und eine Bescheinigung über die Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben vom Träger der Maßnahme erbringen.
Antrag auf Mehrbedarf bei Behinderung hat keine Rückwirkung
Ein Antrag auf Mehrbedarf bei Behinderung entfaltet keine Rückwirkung. Der Mehrbedarf bei Behinderung wird also frühestens für den Monat gezahlt, in dem der Antrag gestellt worden ist. Das gilt auch, wenn beispielsweise ein Schwerbehindertenausweis schon vor Monaten beantragt worden war und nunmehr die Schwerbehinderung rückwirkend anerkannt wurde. Dies ist bereits höchstrichterlich vom Bundessozialgericht unter dem Az. B 8 SO 25/16 R entschieden worden.
Es hatte die rückwirkende Zahlung des Mehrbedarfs in einem entsprechenden Fall abgelehnt. Der Kläger hatte einen Schwerbehindertenausweis erhalten, aber schon ein halbes Jahr zuvor beantragt. Nunmehr mache er den Mehrbedarf ab Vorliegen der Voraussetzung der Schwerbehinderung geltend. Das lehnte das Bundessozialgericht ab.
Mehrbedarf bei Schwerbehinderung mit Merkzeichen G nur für nicht erwerbsfähige Bezieher von Bürgergeld als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
Im Bereich Bürgergeld gibt es keinen Mehrbedarfszuschlag für gehbehinderte erwerbsfähige behinderte Menschen, sondern nur für erwerbsunfähige Bezieher von Bürgergeld. Diese leben dann mit einem erwerbsfähigen Bezieher von Bürgergeld in einer Bedarfsgemeinschaft.
Erwerbsfähige behinderte Menschen, die zudem gehbehindert sind, erhalten gemäß § 21 Abs. 4 SGB II keinen Mehrbedarfszuschlag.
Das ist ein gravierender Unterschied zu § 23 Nr. 4 SGB II (erwerbsunfähige Bürgergeldbezieher) und zu § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (Sozialhilfebezieher) keinen Mehrbedarfszuschlag.
Das ist vom Gesetzgeber auch so gewollt, wie das Bundessozialgerichts mit Urteil vom 18. Februar 2010 (B 4 AS 29/09 R) erklärte:
„[17] Der Wortlaut des § 28 Abs 1 S. 3 Nr 4 SGB II bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII beschränkt den Kreis der Leistungsberechtigen insoweit eindeutig. Nach § 28 Abs 1 S. 3 Nr 4 SGB II erhalten nur nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, einen Mehrbedarf von 17 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung, wenn sie Inhaber eines Ausweises nach § 69 Abs 5 des SGB IX mit dem Merkzeichen „G“ sind. Die parallele Regelung des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII gilt unter Beachtung von § 21 SGB XII ebenfalls nur für erwerbsunfähige Hilfebedürftige (s zum leistungsberechtigten Personenkreis für Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII: BSG vom 26.8.2008 – B 8/9b SO 18/07 R, SozR 4-3500 § 18 Nr 1 ). Dass eine Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten auf erwerbsfähige Hilfebedürftige auch nicht auf dem Wege eines Analogieschlusses in Betracht kommt, hat der 14. Senat bereits am 21.12.2009 (B 14 AS 42/08 R, vgl Terminbericht vom 22.12.2009 – Nr 72/09) entschieden. Der erkennende Senat schließt sich dem an.
[18] Insoweit mangelt es bereits an einer planwidrigen Lücke. Es entsprach von vornherein dem gesetzgeberischen Anliegen, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens „G“ nicht zugänglich zu machen.“
Nur 17 Prozent Mehrbedarfszuschlag für voll erwerbsgeminderte Leistungsempfänger mit Merkzeichen G
Ist der Bezieher von Bürgergeld ein voll erwerbsgeminderte Person (die mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt) oder liegt kein Bürgergeld-Bezug sondern Bezug von Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) nach SGB XII vor, und ist er im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „G“ (eingeschränkte Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr, Gehbehinderung), so liegt der Mehrbedarf bei dieser Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen G bei 17% des jeweiligen Regelbedarfs.
Beispielrechnung Mehrbedarf Schwerbehinderung Merkzeichen G:
17 % von 451 Euro Regelsatz: 76,67 Euro Mehrbearf
Barbetrag (Taschengeld) in stationärer Einrichtung für behinderte Menschen
In dem Fall, dass der der behinderte Leistungsempfänger in einer stationären Einrichtung für behinderte Menschen untergebracht ist, beträgt der Mehrbedarf, der umgangssprachlich Barbetrag oder Taschengeld genannt wird, 27% des jeweiligen Regelsatzes. Geht man von dem Regelsatz des Jahres 2023 von 502 Euro aus, so ergibt sich ein Mehrbedarfsanspruch von 135,54 Euro pro Monat.
Zusätzliche Informationen zum Mehrbedarf für Behinderte
Allgemeine Informationen zum Thema Bürgergeld Mehrbedarf
Mehrbedarf für Alleinerziehende
Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung
Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung