Das Bürgergeld besteht nicht nur aus dem Regelsatz und den Wohnungskosten, sondern beinhaltet auch Ansprüche auf Mehrbedarf in besonderen Lebenslagen. Hauptsächlich in vier Fällen kann ein Mehrbedarf über den Bürgergeld Regelsatz hinaus gezahlt werden. Es gibt einmal einen Mehrbedarf bei Schwangerschaft, einen Mehrbedarf für Alleinerziehende, einen Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige und einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Der Anspruch auf Bürgergeld Mehrbedarf ist in § 21 SGB II (Bürgergeld Gesetz) geregelt. Mehrbedarfe im Rahmen des Bürgergelds sind für persönliche Lebenssituation gedacht, die alleine durch den Regelsatz nicht abgedeckt werden können. Der Mehrbedarf muss beim Jobcenter beantragt werden. Die Auszahlung erfolgt zusätzlich zum Bürgergeld Regelsatz.
Das Wichtigste zum Mehrbedarf vorab zusammengefasst
Was ist Mehrbedarf?
Der Mehrbedarf beim Bürgergeld ist eine zusätzliche Geldleistung des Jobcenters, die in besonderen Lebenssituationen neben dem regulären Bürgergeld Regelsatz ausgezahlt wird. Solche besonderen Lebenssituationen sind z.B. Schwangerschaft, alleinerziehend sein oder das Vorliegen einer Behinderung. Der durch diese Situationen verursachte zusätzlicher Bedarf wird durch den Regelsatz des Bürgergeldes nicht abgedeckt. Der Mehrbedarf wird nicht automatisch gezahlt, sondern muss beim Jobcenter beantragt werden.
Wann bekomme ich Mehrbedarf?
Die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit man Mehrbedarf erhält, sind in 21 SGB II (Bürgergeld Gesetz) geregelt. Sie sind an bestimmte Lebenssituationen geknüpft, in denen ein besondere Bedarf besteht, der mit dem Regelsatz nicht abgedeckt werden kann. Zusätzliches Geld für Mehrbedarf bekommen z.B. Schwangere, alleinerziehende Mütter oder Väter, Menschen, die eine kostenaufwändige Ernährung aufgrund einer Krankheit benötigen oder Menschen mit einer Behinderung.
Wie hoch ist der Mehrbedarf?
Je nach Lebenssituation variiert die Höhe des vom Jobcenter gezahlten Mehrbedarfs. Wie hoch der Mehrbedarf ist, ist in jedem Bedarfsfall vom Bürgergeld-Gesetz unterschiedlich ausgestaltet. Eine einheitliche Höhe des Mehrbedarfs gibt es also nicht. Erfüllt eine Person die Voraussetzungen für die Zahlung von mehreren Mehrbedarfen, so darf die Addition der Ansprüche den für die Person maßgeblichen Bürgergeld Regelsatz nicht überschreiten. Mehr als der jeweilige Bürgergeld Regelsatz wird als Mehrbedarf also niemals gezahlt.
Tabelle: Höhe Mehrbedarf Bürgergeld
Bürgergeld Mehrbedarf: Person und Lebenssituation | Geldleistung 2023 | Anteil vom Regelsatz |
---|---|---|
Mehrbedarf für werdende Mütter nach der 12. Schwangerschaftswoche, vgl. § 21 II SGB II | 85,34 Euro | 17% |
Mehrbedarf für Alleinerziehende mit einem Kind unter 7 Jahren oder Alleinerziehende mit zwei und mehr Kindern unter 16 Jahren, vgl. § 21 III Nr. 1 SGB II | 180,72 Euro | 36% |
Mehrbedarf für Alleinerziehende mit minderjährigem Kind älter als 7 Jahre, vgl. § 21 III Nr. 2 SGB II | 60,24 Euro | 12 % |
Mehrbedarf für alleinstehende erwerbsfähige Behinderte, die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i. S. d. § 33 SGB IX oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen gem § 54 I 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII erhalten, vgl. § 21 IV SGB II | 175,70 Euro | 35% |
Mehrbedarf für kostenaufwändigen Ernährung, vgl. § 21 V SGB II | je nach Krankheit |
Rechtsanspruch auf Mehrbedarfe
Bürgergeld Bezieher haben einen Rechtsanspruch auf Mehrbedarfe, wenn die Voraussetzungen für den jeweiligen Mehrbedarf vorliegen. Es handelt sich nicht um eine Kann-Leistung, eine Ermessensleistung des Jobcenters. Das Jobcenter muss also zahlen, wenn der zusätzliche Bedarf neben dem Regelbedarf (Regelsatz) besteht und ein Antrag auf Mehrbedarf gestellt worden ist.
Liegen die Voraussetzungen vor, muss das Jobcenter zahlen. Es spielt keine Rolle, ob tatsächlich im individuellen Einzelfall ein Mehrbedarf vorhanden ist, ob also tatsächlich höhere Ausgaben zu tätigen sind. Nachweise hinsichtlich Mehrausgaben müssen vom Bürgergeld-Bezieher nicht erbracht werden.
Die Höhe des Mehrbedarfs orientiert sich am Eckregelsatz der Regelbedarfsstufe 1 für eine alleinstehende Person. Er beträgt im Jahr 2023 502 Euro. Die Geldsumme, die als Mehrbedarf gezahlt wird, ist ein prozentualer Wert dieses Regelsatzes.
Wie hoch ist der Mehrbedarf?
Die Höhe des jeweiligen Mehrbedarfs ist unterschiedlich, je nach der Art des Mehrbedarfs. Absolut begrenzt ist der Mehrbedarf in seiner Höhe durch den Regelsatz, der für die den Anspruch stellende Person maßgeblich ist
Das bedeutet, dass die insgesamt als Mehrbedarf bewilligte Leistung darf nicht höher sein darf, als der maßgebliche Regelsatz. Eine alleinstehende Person mit dem Regelsatz von 502 Euro der Regelbedarfsstufe 1 kann somit 502 Euro monatlich als Leistung für Mehrbedarfe erhalten. Das gilt für den Fall, dass die Addition einzelner Mehrbedarfe einen höheren Betrag als den des Regelsatzes ergeben würde.
Mehrbedarf bei Schwangerschaft
§ 21 Abs. 2 SGB II (Bürgergeld Gesetz) bestimmt, das Schwangere einen Anspruch auf Mehrbedarf von 17 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfs haben, falls kein abweichender, höherer Bedarf als dieser Mehrbedarfszuschlag festgestellt wird. Der Schwangerschafts-Mehrbedarf wird werdenden Müttern ab der 13. Schwangerschaftswoche ausgezahlt.
Handelt es sich bei der Schwangeren um eine alleinstehende Person mit einem Regelsatz von 502 Euro, so würde der Schwangerschafts-Mehrbedarf 85,34 Euro betragen. Er steht für erhöhte Kosten im Zusammenhang mit der Schwangerschaft zur Verfügung. Ob solche Kosten tatsächlich anfallen, ist unerheblich.
Tipp: Umstandskleidung und ähnliches fällt nicht in den Mehrbedarf. Diese kann als Erstausstattung gesondert beim Jobcenter beantragt werden
Einzelheiten hier: Mehrbedarf Schwangerschaft
Mehrbedarf für Alleinerziehende
Alleinerziehende Elternteile, Mutter oder Vater, erhalten einen Mehrbedarf für Alleinerziehende. Voraussetzung ist, dass sie sich ausschließlich alleine um die Pflege und Erziehung des Kindes oder der Kinder kümmern. Ein wahrgenommenes Besuchs- und Umgangsrecht des anderen Elternteils ändert an der alleinigen Pflege und Erziehung nichts, es sei denn, das Kind hält sich zeitlich gleichermaßen bei beiden Elternteilen auf.
Die Höhe des Mehrbedarfs für Alleinerziehende beträgt im Minimum 12 Prozent des Regelsatzes bei Kindern über sieben Jahren und im Maximum 36 Prozent des Regelsatzes bei unter 7-Jährigen . Maßgebend für die Höhe des Alleinerziehendenzuschlags sind das Alter und die Anzahl der Kinder, um die sich Mutter oder Vater allein kümmern.
Einzelheiten hier: Mehrbedarf alleinerziehend
Mehrbedarf für dezentrale Warmwasseraufbereitung (Warmwasser)
Nicht jeder weiß, dass es einen Anspruch auf Mehrbedarf für Warmwasser gibt, wenn das Warmwasser nicht zentral über die Heizungsanlage, sondern dezentral mittels Durchlauferhitzer oder Boiler aufbereitet wird. Die Aufbereitung mittels Durchlauferhitzer oder eines ähnlichen Geräts erfolgt in fast allen Fällen mittels Strom. Haushaltsstrom, dessen Kosten aus dem Regelsatz beglichen werden müssen, muss an sich nicht für die Warmwasserbereitung herhalten. Es soll den Bürgergeld-Beziehern, bei denen das Warmwasser nicht über die Heizung zubereitet wird, kein Nachteil entstehen.
Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung bei (chronischer) Krankheit
Ein Anspruch auf Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung kann dann gegenüber dem Jobcenter geltend gemacht werden, wenn eine diesbezügliche ärztliche Verordnung vorhanden ist. Hat der Arzt aufgrund einer Erkrankung eine spezielle Ernährung verordnet, die mit Mehrkosten verbunden ist, so besteht der Anspruch auf Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Das ist beispielsweise bei Krankheiten wie Krebs, HIV, Niereninsuffizienz oder Laktoseintoleranz der Fall.
Das Jobcenter richtet sich hinsichtlich der Höhe der Zahlungen nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge.
Einzelheiten hier: Mehrbedarf Ernährung
Mehrbedarf bei Behinderung
Erwerbsfähige behinderte Menschen können unter bestimmten weiteren Voraussetzungen einen Anspruch auf Mehrbedarf bei Behinderung haben. Die Höhe des Anspruchs beträgt von 35 Prozent des Regelsatze. Voraussetzung ist, das aktuell bezogen wird oder vor kurzem bezogen wurde: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes oder Eingliederungshilfen.
Einzelheiten hier: Mehrbedarf Behinderung
Mehrbedarf bei unabweisbarem, wiederkehrendem Bedarf
Ein Anspruch auf Mehrbedarf besteht auch denn, wenn es sich um einen regelmäßig wiederkehrenden, unabweisbaren Mehrbedarf handelt. Die anfallenden Kosten werden dann vom Jobcenter zusätzlich zum Regelsatz ausgezahlt. Beispielsfälle, zu denen es auch Gerichtsentscheidungen gibt, sind etwa de Mehrbedarf zur Wahrnehmung des Umgangsrechts für den Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt. Ein anderer Anwendungsfall des Mehrbedarfsanspruchs für einen regelmäßigen, wiederkehrenden Bedarf sind Anschaffung von ärztliche Pflegehilfsmitteln, soweit die Pflege- oder Krankenkasse nicht dafür aufkommt.
Besonderheit für Auszubildende, Schüler und Studenten hinsichtlich Mehrbedarf
Auszubildende, Schüler und Studierende haben grundsätzlich keinen Anspruch auf das reguläre Bürgergeld, also auf Regelsatz und die Bürgergeld Wohnungskosten, vgl. § 7 Abs. 5 SGB II. Denn für sie gibt es andere Sozialleistungen. Sie können bei fehlenden finanziellen Mitteln BAföG beantragen und beziehen oder Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) den §§ 60 bis 62 SGB III.
Obwohl Auszubildende, Schüler und Studierende an sich vom Bürgergeld ausgeschlossen sind, haben sie dennoch einen Anspruch auf die Mehrbedarfe des § 21 SGB II, mit Ausnahme des Mehrbedarfs bei Behinderung. Das folgt aus der Überlegung, dass es sich bei den Mehrbedarfen nach dem Bürgergeld Gesetz nicht um speziellen ausbildungsrelevanten bzw. ausbildungsbedingten Bedarf handelt, der vorrangig durch das BAföG oder BAB abgedeckt wird.
Mehrbedarfszuschläge können somit für Schüler, Studierende und Auszubildende zusätzlich zum Bafög oder zur Berufsausbildungsbeihilfe gezahlt werden.