Seit 2023 gibt es das Bürgergeld. Hartz IV ist abgelöst. Doch bedeutet das, dass auch das System der Sanktionen weggefallen ist? Das Bürgergeld-Gesetz kennt den Rechtsbegriff „Sanktionen“ nicht. Stattdessen ist im Gesetz von Leistungsminderungen die Rede. Und Leistungsminderungen können vom Jobcenter bei Pflichtverstößen, insbesondere bei unterbleibender Mitwirkung des Bürgergeld-Beziehers verhängt werden.
Doch schauen wir genauer hin auf das neue System der Leistungsminderungen im Bürgergeld-Gesetz, dem SGB II. Unser Beitrag erklärt, wie das „Ding“ mit den Sanktionen bzw. Leistungsminderungen beim Bürgergeld funktioniert.
Vermittlungsvorrang und Eingliederungsvereinbarung werden zum 1. Juli 2023 wegfallen
Durch den Vermittlungsvorrang und die mit Sanktionen bewehrte Eingliederungsvereinbarung konnte das Jobcenter im Hartz IV System Leistungsbezieher in eine Beschäftigung drängen, auch, wenn es sich dabei von vornherein nur um einen kurzfristigen Job handelte.
Das neue Bürgergeld-Gesetz legt großen Wert auf eine nachhaltige Vermittlung in Arbeit. Wo es nötig ist, geht Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung einer Vermittlung in Arbeit vor.
Am 1. Juli 2023 kam der Kooperationsplan. Mit diesem Instrument sollen Jobcenter und Leistungsbezieher auf Augenhöhe zusammenarbeiten können.
Bürgergeld: Kooperationsplan anstelle Eingliederungsvereinbarung
Gegenwärtig läuft die Eingliederung von Bürgergeld-Beziehern in Arbeit mittels der Eingliederungsvereinbarung aus. Darin werden unterschiedliche, auf den individuellen Fall zugeschnittene Maßnahmen zur Wiedereingliederung festgelegt. Solche Maßnahmen sind z. B. zur Unterstützung bei der Arbeitsaufnahme, eine Berufsausbildung, eine berufliche Weiterbildung oder auch Angebote für selbständig tätige Menschen.
Die Eingliederungsvereinbarung wurde ab dem 1. Juli 2023 durch den Kooperationsplan ersetzt. Das geschieht nicht automatisch. Die Eingliederungsvereinbarung wird nicht „von selbst“ durch den Kooperationsplan ersetzt. Sie bleibt weiterhin gültig, bis sie von beiden Parteien, Jobcenter und Leistungsbezieher, in einen Kooperationsplan überführt wurde. Hierfür ist bis Ende 2023 Zeit.
Bürgergeld: Bleiben die Sanktionen?
Wie schon oben angedeutet, gibt es den Begriff Sanktionen nicht. Leistungsminderung heißt es. Der Kooperationsplan enthält noch keinen Hinweis auf das, was passiert, wenn der Leistungsbezieher nicht an die Vereinbarung hält, also noch keinen Hinweis auf mögliche Leistungsminderungen, noch keine sogenannte Rechtsfolgenbelehrung.
Eine solche kann aber „nachgeschoben“ werden. Hält sich der Leistungsbezieher nicht an den Kooperationsplan, können ihm Leistungskürzungen angedroht und diese dann auch durchgesetzt werden.
Im Klartext heißt das: Der Kooperationsplan enthält keine Androhung von Leistungsminderungen. Doch funktioniert die Kooperation zwischen Jobcenter und Bürgergeld-Bezieher nicht, können Teile des Kooperationspans vom Jobcenter eingefordert werden. Bei mangelnder Reaktion können dann auch Leistungsminderungen erfolgen, wenn diese angedroht worden sind (Bescheid mit Rechtsfolgenbelehrung).
Dies ist in § 15 Abs. 5 und Abs. 6 SGB II geregelt. Danach muss das Jobcenter überprüfen, ob der Bürgergeld-Bezieher die getroffenen Absprachen einhält. Tut er oder sie das nicht, muss das Jobcenter dazu auffordern und auf die nachteiligen Folgen eines Unterlassens hinweisen. Gleiches gilt, wenn kein Koopartionsplan zustande kommt.
Leistungsminderungen betreffen nur den Regelsatz des Bürgergeldes
Kürzungen des Bürgergeldes im Falle von fehlender Mitwirkung betreffen nur den Regelsatz, keinesfalls die Kosten der Unterkunft. Betroffen ist auch nur der Regelsatz der erwerbsfähigen Person, nicht etwa auch der Regelsatz der Kinder, wenn diese zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören.
Die Sanktionen erfolgen gestaffelt, von wenig zu mehr im Wiederholungsfall, von 10 % über 20 % bis hin zu maximal 30 %. Auch die Dauer der Leistungskürzung ist gestaffelt. Zunächst erfolgt sie nur für einen Monat, kann im Wiederholungsfall über zwei Monate bis hin zu drei Monaten ausgeweitet werden.
Beispiele von Sanktionen bzw. Leistungskürzungen
Bei einem Meldeversäumnis wird der Regelbedarf um 10 Prozent für einen Monat gemindert.
Bei der ersten Pflichtverletzung wird der Regelsatz um 10 Prozent für einen Monat, bei einer zweiten Pflichtverletzung um 20 Prozent für zwei Monate und schließlich um 30 Prozent für drei Monate gemindert.
Sanktionen sind problematisch
Das Sanktionssystem bzw. System der Leistungsminderung im Bürgergeld ist problematisch. Zum einen deshalb, weil der Regelsatz zu niedrig bemessen ist. Er deckt insbesondere nicht die aktuellen Preissteigerungen für Strom ab. Neben den Stromkosten ist er auch für den Lebensmittelkauf angesichts der hohen Inflation zu niedrig.
Außerdem kommen viele behinderte Bezieher von Bürgergeld mit dem bürokratischen System der Jobcenter nicht klar.
Bürgergeld: Sanktionen können rückgängig gemacht werden
Wurde vom Jobcenter eine Sanktion verhängt, der Regelsatz also gekürzt, so kann der Betroffene dies durch ein gemeinsames Gespräch mit dem Jobcenter wieder rückgängig machen. Er muss sich ernsthaft und nachhaltig bereiterklären, seinen Pflichten nachzukommen. Er kann auch sofort hingehen, und die auferlegte Pflicht erfüllen.