AU-Bescheinigung schon am ersten Krankheitstag

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat unter dem Az 5 AZR 886/11 entschieden, dass Arbeitgeber bereits ab dem ersten Tag der Krankmeldung die Vorlage eines ärztlichen Attests verlangen dürfen. Eine Begründung muss der Arbeitgeber nicht geben. Es muss auch nicht der Verdacht vorliegen, der Mitarbeiter habe in der Vergangenheit eine Krankheit vorgetäuscht. Lediglich dann, wenn im Tarifvertrag das Recht auf so frühzeitige Vorlage eines Attests ausdrücklich ausgeschlossen werde, sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst nach drei Fehltagen notwendig. Das BAG begründete sein Urteil mit dem Verweis auf das Gesetz zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Danach ist das ärztliche Attest grundsätzlich erst nach drei Krankheitstagen fällig; es muss spätestens am vierten Fehltag vorliegen. Das Lohnfortzahlungsgesetz führt aber weiter aus: „Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen.“ Das BAG legt diese Bestimmung so aus, dass eine frühere ärztliche Bescheinigung ohne Begründung gefordert werden kann.

Hintergrund: Gesetzlich sind Beschäftigte dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber unverzüglich zu informieren, wenn sie wegen Krankheit nicht arbeitsfähig sind. Spätestens am 4. Krankheitstag muss eine AU-Bescheinung eines Arztes vorgelegt werden. Das Lohnfortzahlungsgesetz räumt dem Arbeitgeber das Recht ein, füher einen Krankenschein zu verlangen.Wie das BAG nun klarstellt, ist ein besonderer Grund, also ein objektiver Anlass hierfür nicht notwendig.

Statistisch gesehen waren die 37,2 Millionen Arbeitnehmern im letzten Jahr durchschnittlich an 9,5 Arbeitstagen krankgemeldet. Den niedristen Krankenstand der vergangenen 20 Jahre gab es 2007 mit 7,9 Fehltagen.

Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts lag die Klage einer Rundfunk Redakteurin des WDR zugrunde. Diese hatte im November 2010 eine Dienstreise beantragt, die vom Arbeitgeber abgelehnt worden war. Am vorgesehenen Reisetag meldete sich die Redakteurin krank und erschien am Folgetag wieder zur Arbeit. Der Arbeitgeber verlangte daraufhin von ihr, in Zukunft bereits am ersten Tag einer Krankheit ein ärztliches Attest vorzulegen. Die Redakteurin klagte gegen diese Weisung. Sie vertrat die Ansicht, dass der Arbeitgeber für eine derartige Forderung eine sachliche Rechtfertigung bedürfe. Auch der Tarifvertrag sehe ein derartiges Recht auf so frühe Vorlage der AU-Bescheinigung nicht vor. Sie empfand das Vorgehen des Arbeitgebers als Disziplinierungsmaßnahme und sah einen Verstoß gegen das arbeitsrechtliche Schikanerverbot als gegeben an.

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